Die Deutschen Telekomiker - Ein Drama in (vorerst) sieben Akten

Prolog

Es begab sich, dass ein junger Mensch einmal bei Alice einen DSL-Vertrag abschloss. Dann wurde Alice bzw. Hansanet von o2 bzw. Telefonica aufgekauft. Und dann ward eines Tages VDSL in der Wohnung des Menschen verfügbar. So dachte er sich: Buche ich doch die Speed-Option mit bei. Und da mein Mobilfunkvertrag bei T-Mobile demnächst ausläuft, kündige ich ihn und gehe damit auch zu o2, dann habe ich alles unter einem Dach.

Der junge Mensch wollte jedoch gerne nach Ablauf seiner Vertragslaufzeit von 2 Jahren bei o2 in einen monatlich kündbaren Vertrag wechseln. Bis dahin war es allerdings noch ein halbes Jahr. Das gefiel o2 nicht. Denn Speed gibt es nur mit einem o2-Vertrag, nicht mit einem Alice-Vertrag. Und wenngleich die Verträge sowohl bezüglich der Leistungen als auch bezüglich des Preises identisch waren, meinte o2, ein Wechsel in den gleichwertigen o2-Vertrag sei nur mit neuer Mindestvertragslaufzeit notwendig. Und überhaupt, nach der Mindestvertragslaufzeit monatlich kündbar, undenkbar! Nein, dann müsse der junge Mensch schon kündigen, warten, bis der Anschluss abgestellt ist, und dann einen Neuvertrag abschließen. Das dauert zwar drei Wochen, aber welcher junge Mensch, zumal als Systemadministrator remote tätig, braucht schon einen Internetzugang?

Zudem gibt es die Option Mobilfunk ebenfalls nur mit einem o2-Vertrag. Das sah der junge Mensch nicht ein, zumal der Service auch noch unfreundlich und die Hotline nicht kostenlos war (außer man suchte nach der 0800-Alternative, die zwar beim Mobilfunksupport aufschlug, aber von dort konnte man sich ja weiterverbinden lassen). Also wollte er doch bei der Telekom bleiben und hatte auch vor, mit DSL in einem halben Jahr dann nachzukommen. Und so beginnt...

1. Akt: Sonntag - Über tolle Tarifnamen

Der junge Mensch, im weiteren Verlauf der Einfachheit halber ich, hatte zuvor schon einen Trend-Katalog der Telekom bestellt - da stehen einfach nur alle Tarife, Aktionen und Endgeräte verpackt mit einem Tollen Namen™ drin. Dort fand er auf Seite 12 etwas, das ihn begeisterte:

Special Complete Mobil Music mit und ohne Handy

Ein Tarif, bei dem Spotify Premium bereits inklusive ist. Effektiv also gut 20 Euro mit Festnetz-Flat und HotSpot-Flat, da kann man nicht nein zu sagen. Noch nach den Endgeräten geschaut, und siehe da, das Samsung Galaxy S3 LTE kostet ohne Vertrag weniger als im Vertrag mit 24×10 Euro Aufschlag. Und noch besser: Bei dem Tarif ohne Handy gibt es als Aktion doch ein Handy dazu - ein Sony Xperia tipo. Ersatzhandys sind immer gut, Universalfernbedienungen für den Rechner gibts für einen Euro auch nirgendwo, also zugeschlagen. Ich rufe die 2202 an. Sehr freundlicher Herr, der zunächst etwas verwirrt ist ob meines Wunsches, einen Special Complete Mobil Music Tarif (super Name, nur so nebenbei) ohne Handy mit Handy zu wollen. Nach Rücksprache mit Warteschleife („Sie hören jetzt ein bisschen Musik“) geht das als Kundenrückgewinnungsoption wohl doch, mir wird eine Bestätigung per Mail versprochen. Ich ahne noch nicht, dass die Mitarbeiter einen leicht anderen Trendkatalog haben mit einer wichtigen Änderung. Stattdessen freue ich mich, lasse mir am Telefon nochmal die 29,95 Euro pro Monat bestätigen, werde freundlich verabschiedet, und warte auf die Mail. Doch dann folgt...

2. Akt: Sonntag - eine verwirrende Mail

Ich erhalte eine Mail, „Bestätigung der Vereinbarungen“. Darin steht zum einen leicht versteckt eine Versandkostenpauschale von 6,95 Euro. Gut, die war nicht vereinbart, aber damit kann ich noch leben. Interessanter ist der genannte Tarif: Special Complete Mobil Music m.H. Hatte ich nicht ohne Handy (aber mit Handy) vereinbart? Online-Kundencenter sagt auch m.H. und nennt 39,95 Euro als monatliche Gebühr. Da lief wohl etwas schief, ich rufe nochmal bei der 2202 an und lande tatsächlich im selben Call Center in der selben Abteilung. Der wiederum sehr freundliche Mitarbeiter verspricht mir einen Rückruf, sofern mir das Recht ist (es ist gegen 19:45Uhr, ich sage, bis Mitternacht seit ein Rückruf kein Problem). Ich bedanke mich, lege auf, und warte. Und warte. Und warte. Die Telekom bedankt sich per Mail, dass ich meine Kündigung zurückgenommen habe. Doch anrufen, das tut sie nicht.

3. Akt: Sonntag Spätabend - ein nicht klärender Anruf

Ich rufe spät am Abend nochmal bei der 2202 an. Mittlerweile komme ich am Telefoncomputer ganz gut vorbei:

Willkommen bei der Telekom. Was kann ich für Sie tun?
Mitarbeiter!
Natürlich gerne. Wussten Sie schon, dass
Nein!
Sie möchten die URL also nicht per SMS. Okay. Ich verbinde jetzt. Wenn Sie das nicht wollen, legen Sie auf. Außerdem würden wir gerne den Anruf für QA-Zwecke aufzeichnen. Ist das okay?
Ja.
<Freizeichen>

Ich erläutere das Problem, und stoße auf große Verwirrung. Die gute Dame holt sich eben einen Trendkatalog, schlägt Seite 12 auf und behauptet steif und fest, bei beiden Tarifen würde doch „mit Handy“ stehen. Ich tue das als Missverständnis ab. Die Dame versichert mir, dass es eigentlich nur 29,95 Euro pro Monat kosten solle, kann mir aber nicht genau sagen, was abgelaufen ist, da die Buchung noch nicht abgeschlossen sei - ich nehme an, weil die Hardware noch nicht bei mir ist. Sie meint, ich könne einfach die nächste Rechnung abwarten und im Zweifelsfall die 10 Euro zu viel zurück verlangen. Ich notiere mir ihren Namen, falls es soweit kommt und die Telekom Probleme macht, habe aber dennoch ein mulmiges Gefühl. Ich beschließe, auf den Rückruf zu warten, und gebe Zeit bis Mittwoch - vielleicht hat der gute Mitarbeiter ja jetzt erstmal zwei freie Tage. Vorher jedoch geht es zum T-Punkt, Handys anschauen.

4. Akt: Montag - Die Auflösung eines Rätsels und die Frage nach der Evolution

Ich besuche meinen Lieblings-T-Punkt, einen kleinen schnuckeligen Laden. Da gibt es tatsächlich ein Galaxy S3 zum berühren, nur funktionieren mag es nicht. Die Ladeanlage sei defekt, doch auf Wunsch holt man mir ein funktionierendes S3 zum antesten. Ich teste und finde es gut. Dann denke ich mir, sprech doch mal den Herren auf die Vertragsproblematik an. Er kann zwar nicht wirklich weiterhelfen, doch er hat einen Trendkatalog. Und der ist fast so wie meiner, aber nur fast. Denn auf der magischen Seite 12 steht bei ihm tatsächlich bei beiden Tarifen „mit Handy“ dabei, also auch dort, wo in meinem Katalog zwischen dem magenta Special und dem hellblauen Kasten nur weiß ist. Das meinte also die Dame vom 3. Akt, ich verstehe! Bleibt nur noch, ein neues Rätsel aufzumachen: Ich frage, ob LTE im Tarif inklusive sei. Trend-Katalog schweigt, Website sagt ja, Mitarbeiter im T-Punkt sagt nein. Okay, ich bin minimal enttäuscht. Zu Recht, aber über das falsche: Der Kerl hat einfach keine Ahnung und mir das falsche gesagt. LTE ist im Tarif inklusive. Was ihn nochmal wesentlich ansprechender macht, da die Option normalerweise 9.95 Euro pro Monat extra kostet, dafür allerdings auch den Traffic bis zum SSD (Speed Step Down) verdoppelt.

5. Akt: Mittwoch - Passierschein A38

Der Mittwoch vergeht, der Anruf bleibt aus. Also rufe ich selber wieder an, der Telefoncomputer freut sich und leitet mich zügig weiter. Die gute Frau an der Leitung ist nicht so freundlich wie ihre Kolleginnen und Kollegen zuvor und scheint mehr Arbeit nach Dienst zu verrichten. Sie kann mir aber bestätigen, dass ich im falschen Tarif bin. Und der einzige Weg, um das zu ändern, sei eine Stornierung. Und das ginge nur mit Rücksendung der Hardware. Obwohl die Hardware die Richtige ist. Das ist so Vorschrift, das muss so sein, ob das nun sinnvoll ist oder nicht, das ist total egal. Ich lege resigniert auf und verfasse einen kleinen Roman, die Kurzform dieses Eintrags, als Begründung für die Retoure. Abgeben will ich mich damit aber nicht, und schreibe dem Twitter-Team der Telekom.

6. Akt: @Telekom_hilft nicht

Ich kann Twitter eigentlich nicht so wirklich leiden. Super, um interessante Neuigkeiten zu erfahren, aber selber schreiben? 140 Zeichen sind zu wenig, ich komme hier auf weit über 1400 Wörter. Aber gut, ich gebe mir Mühe, nutze fast jedes Zeichen aus. Der lange Twitter-Handle der Telekom hilft schonmal nicht, wie auch die Telekom selber. Und nebenbei brauchen sie drei bis fünf Stunden pro Antwort. Hilfreich ist wirklich anders:

Ich: @Telekom_hilft 2202 bucht mich auf falschen Tarif bei richtiger HW. Meint jetzt ich müsse HW zurückschicken für Storno zur Umbuchung. Rly?
T: @s_knust Auweia, welche Hardware und welchen Tarif nutzen Sie zurzeit? Wo liegt der genaue Fehler? ^al
Ich: @Telekom_hilft Bestellt: Special Complete Mobil Music o.H.+Xperia tipo (1€+29,95/Mon.). Bekommen: S.C. Mobil Music m.H.+tipo (1€+39,95/Mon.)
T: @s_knust Ja, alles zum alten Auftrag muss leider zurückgeschickt werden. War das eine Verlängerung oder ein neuer Vertrag? ^ol
Ich: @Telekom_hilft Verlängerung mit Kündigungsrücknahme. Muss ich nicht verstehen, aber hey, ist euer Porto - und meine Zeit. #nerv
T: @s_knust Ich verstehe sehr gut, dass so etwas den Puls nach oben treiben kann. Ich bitte für die Unannehmlichkeiten um Entschuldigung. ^nd

Entschuldigt ist das übrigens nicht. Mit DSL werde ich nur zu euch kommen, weil ich zwei Festnetz-Support-Menschen bei euch persönlich kenne.

7. Akt: Alternativen und #nerv

Ich zweifle ernsthaft an meiner Entscheidung, doch bei der Telekom zu bleiben bzw. später mit DSL zu ihr zu gehen. Doch machen wir einen kleinen Überblick über die Providerlandschaft in Deutschland, bleibt kaum eine andere Wahl:

o2: Auf keinen Fall. Unfreundlich, unflexibel, unwillig, Geld zu verdienen
E-Plus: Vom schlechten Netz hört man immer wieder. Nein danke.
Telekom: Bestes Netz, teuer, super Support. Die letzten beiden Punkte konnte ich widerlegen.
Vodafone: Ist mir unsympathisch, und hat auch nicht die richtigen Tarifoptionen für mich, bzw. die dann nur in teuer.

Da fällt mir ein, meine persönlichen Freunde (das ist triefende Ironie) von 1&1 bieten doch auch Mobilfunk und DSL an, und den Mobilfunk wohl über des Telekom-Netz, habe ich zumindest mal gehört. Siehe da, die haben auch einen super Tarif zu super Preisen. Aber ehrlich, 1&1? Da müsste ich schon ordentlich Geld für bekommen, um da nach meinen beruflichen Erfahrungen auch noch privat hinzugehen.

Also muss es wohl die Telekom sein. Ich bin genervt, und rufe nochmal die 2202 an, fest entschlossen, so genervt zu sein, dass ich 2nd Level Support bekomme. Ich fange damit an, dass ich jetzt zum fünften Mal in vier Tagen anrufe und ernsthaft überlege, die Kündigungsrücknahme zurückzunehmen. Das gibt mir die ungeteilte Aufmerksamkeit des wieder sehr freundlichen Mitarbeiters. Er kann die Problematik nachvollziehen, die Frustration ebenso, und fragt den Teamleiter. Yeah! Und siehe da, tatsächlich: Der Vertrag wird direkt geändert, die Hardware kann bei mir bleiben. Doch bevor ich das Gespräch beende, spreche ich noch die Wunsch-Flat an. In der Kundencenter-App steht lustigerweise, dass ich eine Flat in sämtliche Mobilfunknetze hätte. Super, kann mit dem Vertrag gar nicht sein und eigentlich will ich auch gar keine Flat ins Mobilfunknetz, sondern ins Festnetz. Und der Kollege beim ersten Anruf hat mich auch nicht nach der Flat gefragt. Tatsächlich: Es ist gar keine Flat hinterlegt! Ich möchte nicht wissen, was der Herr beim ersten Anruf alles gemacht hat, es war nichts, was ich wollte. Aber gut, mir ist geholfen.

Ich bin diesmal ernsthaft dankbar (und immer noch genervt), schaue zwei Minuten später ins Kundencenter und bin begeistert: Der richtige Tarif (ohne irgendeinen m.H. oder o.H.-Zusatz), in der App der richtige Preis, in der Bestätigungsmail ebenfalls der richtige Tarif mit der richtigen Flat.

Epilog

Ich scheine den richtigen Tarif zu haben und warte nun gespannt auf März. Dann kommt nämlich die Februar-Rechnung. Und dann sehe ich, was die Spezialisten der Telekom wirklich gemacht haben.

Schlussbemerkungen für die Telekom

  • Stellt sicher, dass die Kataloge für die Mitarbeiter identisch mit denen für die Kunden sind
  • Stellt sicher, dass ihr nicht zwei Tarife mit gleichem Namen und unterschiedlichem Preis anbietet
  • So leid es mir tut: Bietet keine Tarife ohne Handy mit Handy an
  • Haltet euch an Rückrufversprechen
  • Überarbeitet dringend euren Stornierungsprozess. Hardware unnötig durch die Gegend schicken kostet Geld, Zeit, Nerven und schadet der Umwelt.
  • Gebt auch nicht quängelnden Kunden ein bisschen Kulanz bzw. gesunden Menschenverstand. Hauptlektion für mich aus der Geschichte ist nämlich, in Zukunft insbesondere bei eurer Hotline unzufrieden rüberzukommen und mit der Kündigung zu drohen.
  • Stockt euer Twitter-Team auf. Drei bis fünf Stunden bis zur Antwort sind heutzutage m. E. inakzeptabel.